Nein, wir meinen damit jetzt nicht die Möglichkeit die Aufgaben dieser Mitarbeiter zu digitalisieren. Das Gegenteil ist der Fall: Wir möchten Dir heute zeigen, dass ältere Mitarbeiter ein Antreiber für digitale Themen in Deinem Unternehmen sein können.
Warum wertvolles Digitalisierungspotential ungenutzt bleibt
Schließe Deine Augen und stell Dir eine Person vor, die digitale Veranstaltungen organisiert, sich mit neuen Technologien beschäftigt oder im Thema Virtual Reality den vollen Durchblick hat.
Was für eine Person siehst Du vor Deinem geistigen Auge?
- Ist sie männlich?
- Ist sie zwischen 18 und 45 Jahren alt?
Wenn Du jetzt zwei Mal zustimmst, hast Du absolut recht. Laut Daten des statistischen Bundesamtes nutzten 2022 98 % der Personen in Deutschland das Internet. Wenn Du nur einmal oder gar nicht zugestimmt hast, hast Du laut den Daten ebenfalls recht, wie im Folgenden ersichtlich ist:
Internetnutzung von Personen 2022 (nach Altersgruppen in Prozent)
- 16-24 Jahre = 98 %
- 25-44 Jahre = 98 %
- 45-64 Jahre = 95 %
- 65-74 Jahre = 83 %
Quelle: www.destatis.de
Durchschnittliche Nutzung des Internets durch Personen (Personen ab 10 Jahren, die das Internet im ersten Quartal 2020 genutzt haben)
- 91 % der Frauen nutzen jeden oder fast jeden Tag das Internet
- 93 % der Männer nutzen jeden oder fast jeden Tag das Internet
Quelle: www.destatis.de
Die Daten zeigen, dass das Internet und damit auch digitale Themen inzwischen in der breiten Masse der Gesellschaft angekommen sind.
Jeder, der bei digital affinen Personen nur an männliche oder an Personen unter 45 denkt, läuft Gefahr das Digitalisierungspotential von Mitarbeitern für Projekte nicht voll auszuschöpfen.
Ein Blick in die Praxis – Unsere Erfahrung
Vielleicht denkst Du jetzt:
„Ja okay, ältere Menschen nutzen das Internet, aber das bedeutet nicht, dass sie sich auch mit Themen wie digitalen Veranstaltungen und Virtual Reality auskennen.“
Wir stimmen Dir absolut zu, doch die Erfahrung hat uns gezeigt, dass es da draußen Menschen weit jenseits der 45 gibt, die genau das tun. An dieser Stelle möchten wir zwei Menschen in den Fokus rücken, die jeden Tag zeigen, dass sie digitaler sind, als viele Personen zwischen 18 und 45, die wir kennen. 😉
Denny – Der Mann der Digitalen Veranstaltungen
Auf den ersten Blick ist Denny ein ganz normaler Rentner. Zu seinen Hobbys gehören die Pflege des eigenen Gartens und das Anfertigen von Aquarellen. Auf den zweiten Blick hat Denny so gar nichts mit dem Stereotyp eines Rentners zu tun. Er weigert sich standhaft das Arbeiten aufzugeben, nur weil er das Rentenalter erreicht hat.
Als Denny 2014 in Rente ging, wollte er das Wissen, dass er sich über viele Jahre im Rahmen seiner Arbeit als Ideenmanager angeeignet hat nicht einfach verfallen lassen. Daher suchte er sich einen Job und wurde Social Media Manager im Zentrum für Ideen Management. Hier wird zum einen sein Wissen gebraucht, zum anderen bleibt Denny in Sachen Ideenmanagement auf dem Laufenden.
Nur vier Jahre später lastete diese Tätigkeit Denny nicht mehr voll aus. So gründete er 2018 gemeinsam mit anderen Menschen, die er im Internet kennengelernt hat, das Netzwerk Netz & Work. Seit der Gründung bietet Netz & Work mehrmals im Monat zum großen Teil kostenlose digitale Veranstaltungen wie zum Beispiel
- Methoden-Safari – für Trainer, die ihre Workshopteilnehmer begeistern wollen
- Easy Sketchen – für alle, die nicht nur Texte auf Flipcharts und digitale Whiteboards zaubern wollen
- Team Formation – für alle, die ihr interdisziplinäres Team effizienter machen wollen
Bei den meisten dieser Veranstaltungen ist auch Denny anwesend. Mal ist er der Moderator, mal kümmert er sich um die Pausenbetreuung der Teilnehmer, oder sorgt zusammen mit seinem Team dafür, dass Teilnehmer ihre technischen Hürden in Sachen Veranstaltungsteilnahme erfolgreich überwinden. Bei all diesen Tätigkeiten nutzt Denny die kommunikativen Stärken, die er in seinem Berufsleben als Ideenmanager erworben hat.
Ernst – Der Virtual Reality Opa
Ernst ist 65 Jahre alt und YouTuber. Ja, Du hast richtig gelesen. Seit Januar 2023 betreibt Ernst mit Opas Erklärungen einen YouTube Kanal, der bereits 46 Videos zum Thema Virtual Reality enthält. Als der Kanal das erste Mal unseren Weg kreuzte, dachten wir, dass er für Menschen, die keine Ahnung von Virtual Reality haben ein schöner Einstieg in das Thema ist. Was ein Opa in dem Bereich erklärt, wird ein Mensch, der mit dem Internet groß geworden ist, doch mit Leichtigkeit verstehen, oder?
Dem ist allerdings nicht im Geringsten so. Maria aus unserem Team brauchte YouTube Videos von anderen Kanälen, um zu verstehen, worüber Ernst in seinen Videos spricht. Ernst ist es gelungen binnen kürzester Zeit Experte in einem Bereich zu werden, mit dem er sich noch keine 12 Monate beschäftigt. Auf das Thema aufmerksam wurde er durch seine Tochter. Von dieser übernahm er ein Virtual Reality Headset, dass sie nicht nutzen kann, weil ihr bei der Anwendung schwindlig wird.
Für Ernst war dies die perfekte Gelegenheit, um seine neue Freizeit mit etwas Spannendem zu füllen. Am Anfang spielte er die Spiele, die für das Headset entwickelt wurden. Das war unterhaltsam und machte ihn neugierig. Ernst wollte wissen, ob andere Headsets mehr können, und kaufte sich daher sein erstes eigenes Virtual Reality Headset. Als er die Unterschiede der beiden Headsets für sich herausgearbeitet hatte, wollte der ehemalige Elektromeister wissen, wie die Software programmiert ist, die so ein Headset mit Leben füllt. Zudem war er neugierig, welche zusätzlichen Nutzungsmöglichkeiten es für diese noch junge Technik geben könnte. Bei der Suche nach Antworten stieß er auf eine LinkedIn Gruppe, die sich mit Virtual Reality befasst und fand hier Gleichgesinnte, mit denen er sich austauschen kann und regelmäßig online trifft. Via Virtual Reality Headset versteht sich.
Doch das ist nicht alles. Auch in seiner Familie hat Ernst mit seinem Enkel einen Menschen gefunden, der sich für die Virtuelle Welt begeistert. Dieser junge Mann gab Ernst den Anstoß seinen YouTube Kanal ins Leben zu rufen. Die ersten Videos, die er hier veröffentlichte, verfolgten das Ziel seinem Enkel zu zeigen, was mit der Virtuellen Realität alles möglich ist.
Virtual Reality ist nicht das einzige Thema, dass Ernst gefangen hält. Ihm machte es zu schaffen, dass es kein Netzwerk gab, das speziell auf Menschen wie Denny und ihn zugeschnitten war. Also entschied er sich dazu dies zu ändern. Am 08. Mai 2023 wurde Ernst zum Mitbegründer des Netzwerkes Zeitlos innovativ. Das Netzwerk hat es sich zum Ziel gesetzt Ruheständlern das zu bieten, was Denny und Ernst durch Zufall gefunden haben. Es richtet sich an alle Menschen, die sich im Alter nicht zurückziehen und auf dem Sofa sitzen wollen.
So findest Du digital affine Menschen über 45
Aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung befindet sich da draußen eine Horde an (Un)Ruheständlern über 65 (17,6 Millionen), die sich weigern nichts zu tun. Hinzu kommen all jene Menschen über 45 (24,9 Millionen) die immer mal wieder erzählt bekommen, dass sie längst zum alten Eisen gehören. Diese beiden Gruppen bilden aktuell 51 % der deutschen Bevölkerung.
Unternehmen, die in Sachen Digitalisierung auch mit diesen Menschen rechnen haben unserer Einschätzung nach gigantische Vorteile gegenüber jenen, die diese Menschen bewusst oder unbewusst erst gar nicht in Betracht ziehen. Vielleicht befinden sich schon jetzt in Deinem Unternehmen ähnliche Digitalisierungsjunkies wie Ernst und Denny und Du weißt es nur noch nicht.
Doch auch wenn dem nicht so ist, muss Dein Unternehmen nicht auf das Digitalisierungspotenzial dieser Gruppe verzichten. Dank Netzwerkern wie Denny und Ernst und Netzwerken wie Zeitlos Innovativ, kannst Du Dich mit diesen Menschen vernetzen und von ihnen lernen.
Sollte Dir das Netzwerken mit Menschen über 65 nicht reichen, kannst Du aus der Gruppe der über 45-Jährigen gezielt neue Mitarbeiter gewinnen. Falls die Gruppe in Deinem Unternehmen deutlich unterrepräsentiert ist, kannst Du mit positiv diskriminierenden Stellenanzeigen – die Antidiskriminierungsstelle des Bundes nennt sie Positive Maßnahmen – gezielt jene ansprechen, die zwar gern für Dein Unternehmen arbeiten würden, aber aus irgendeinem Grund denken, dass Dein Unternehmen sie aufgrund ihres Alters nicht nehmen würde.
Fazit
Ernst und Denny sind zwei großartige Beispiele, die zeigen, dass es inzwischen kein zu „alt für digitale Themen“ mehr gibt. Die Digitalisierung ist schon lange kein Thema mehr, dass nur eine kleine Gruppe betrifft. Sie ist für die meisten Deutschen längst Alltag. Von Fachkräftemangel in diesem Bereich kann daher keine Rede sein. Menschen wie Ernst und Denny erschließen dank ihrer Begeisterung digitale Themen viel schneller, als es jungen Menschen mit entsprechenden Ausbildungen können, denen die Begeisterung für das jeweilige Thema fehlt.
Viele dieser Menschen wollen ihr Wissen weitergeben, denn ihnen ist bewusst, dass die Zeit, die sie es nutzen können, endlich ist. Oder wie Ernst es formuliert
„Mein Wissen muss nicht mit in die Kiste gehen“.
Menschen wie Denny und Ernst wollen sich mit Menschen vernetzen, die sich für das Thema begeistern und sie haben in der Regel auch kein Problem damit, wenn ihr Wissen dazu beiträgt, dass die Technologien, die sie begeistern weiterentwickelt werden.
Die Vorstellung vom Rentner, der sich am Strand die Sonne auf den Bauch scheinen lässt, nach 19 Uhr die Supermarktkassen blockiert und im Hobbyraum mit seiner elektrischen Eisenbahn spielt gehört in die Mottenkiste. Ja, die gerade beschriebenen Stereotypen Rentner gibt es auch heute noch, doch es sind bei weitem nicht alle.
Dass zahlreiche Digitale unter den über 45-Jährigen nicht sehr sichtbar sind, liegt unserer Einschätzung nach daran, dass entsprechende Strukturen fehlen. Ein Netzwerk wie Zeitlos Innovativ ist hier ein Schritt in die Sichtbarkeit dieser Gruppe, doch dass allein wird nicht reichen. Wir brauchen Unternehmer wie Dich, die öffentlich zeigen, dass sie über 45-Jährige nicht abgeschrieben haben. Zudem muss auch der Staat aktiv werden. Wir brauchen fördernde Regelungen für Wissensteiler wie Ernst und Denny. Viele Wissensteiler streben nicht nach Reichtum, dennoch lassen sich einige ausbremsen, weil sie Sorge haben, dass ihnen eine Gewinnabsicht unterstellt wird, die sich dann negativ auf ihre Altersbezüge auswirkt.
Es gibt viel zu tun, damit wir als Gesellschaft das in den Menschen über 45 schlummernde Digitalisierungspotenzial heben können. Wir sind uns sicher, dass wir es als Gesellschaft schaffen werden, wenn jeder einen kleinen Beitrag dazu leistet. Einen wichtigen Beitrag kann Dein Unternehmen leisten, indem es in Zukunft bei Bewerbungsgesprächen auf das Glänzen in den Augen der Menschen achtet, statt auf die Jahreszahl in den Bewerbungsunterlagen.